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Maschas Bericht an Freunde und Förderer

Ein voller Erfolg und eine einzige Freude: das Tourismus-Seminar der Uni Cuenca

 

An unserer AMAZONICA Akademie war alles bestens vorbereitet. Wir waren ausgebucht bis auf das letzte unserer 19 Betten.
Am 9. Januar 2020 kamen sie dann: zwei Cessnas 206 mit acht Achuar-Studenten vom Rio Pastaza und eine Cessna 182 mit den drei Dozenten von der Universität Cuenca: Vanessa - Hotellerie und Housekeeping, Rafael - Gastronomie und Miguel Ángel - Landwirtschaft. Alle unter 30 Jahren alt, super gut drauf und zum ersten Mal im Urwald.
Die Shuar-Studenten waren hauptsächlich vom Ort, also aus Yuwints, und in unserem Projekt tätig. Aus den Nachbarorten kamen sie zu Fuß, wobei Chumpi der absolute Held war. Er stammt aus den Bergen im Süden und ist drei Tage lang gelaufen, um an unserem Seminar teilnehmen zu können.
Schließlich waren es 14 Studenten, 19 bis 52 Jahre alt, jeder mit Abitur und im Tourismus engagiert.

 

 

Mens sana in corpore sano
So hatten wir eine bunt gemischte Gruppe beieinander, vier Frauen und zehn Männer, fröhlich, fleißig und unermüdlich auch beim Sport. Sie spielten hauptsächlich Volleyball, aber auch Fußball mit den Dorfbewohnern, gingen miteinander schwimmen im Fluss und nachts zum Fischen.
Die Dozenten aus Cuenca, 2550 m ü. M., waren restlos begeistert vom Wald, von unserer Akademie und von den Studenten: „Sie sind so sauber, so unverdorben, so positiv“, schwärmten sie. Na ja, ich dachte mir so meinen Teil, aber Tatsache war, dass diese Gruppe faszinierte, sowohl durch ihr Betragen als auch durch ihre Noten.

 

 

Der Unterricht lief von 9:00 bis 12:30 Uhr und von 14:00 bis 16:00 Uhr. Täglich zwei unterschiedliche Fächer in Theorie und Praxis. Danach Sport, Abendessen und Hausaufgaben.
Für die Dozenten, die gerade keinen Unterricht hatten, machten die alten Shuar Führungen auf unseren Themenpfaden oder ließen sie mit dem Blasrohr üben. Die 600 m Flugpiste von Yuwints waren eine beliebte Joggingstrecke.

 

 

Macho? Macho!
Im Fach Gastronomie war von der Uni auch ein Kochkurs vorgesehen. Den strich ich vom Programm und erklärte dem Dozenten, dass unter den Studenten sechs Achuar-Männer seien. Stellt euch nur vor: Ein stolzer Achuar arbeitet niemals in der Küche! Völlig undenkbar. Er vermeidet, sie zu betreten.
Aber niemand verhungert. Kochen können alle Achuar- und Shuar-Frauen, die mit uns im Projekt arbeiten, und zwar richtig gut! Ich gebe seit Jahren Kochkurse.

Also lehrten wir Tischdecken und Servieren, Lebensmittelhygiene, Einkauf und Lagerhaltung. Alles wirklich wichtig und nicht unter der Würde eines Achuar. Besonders beliebt: Wein öffnen, verkosten lassen, sauber einschenken und ein freundliches „zum Wohl“. Sehr perfekt.

Den besten Abschluss in Gastronomie machte unser Agustín (34), ehemaliger Präsident der Achuar-Föderation, mit 20 von 20 Punkten.

 

 

„Blindlings“ die Beste
Hotellerie und Housekeeping: Ihr werdet es kaum glauben, aber die beste Absolventin unter den Shuar war Tsentsem (30), die älteste der drei erblindenden Schwestern in Yuwints.
Mit eurer Hilfe hatten wir ihr ein Stipendium an der Englisch-Akademie in Puyo ermöglicht.
Sie kann nicht nur mit den Gästen etwas parlieren, sondern kennt auch alle Begriffe in ihrem Metier, dem Housekeeping. Putzen, Waschen, Flicken und Betten bauen hatten wir ihr schon vor vielen Jahren beigebracht. Jetzt kann Tsentsem zwar nicht mehr alles sehen, aber sie kennt jeden Handgriff blindlings. 18,5 von 20 Punkten. Wir waren sehr gerührt.
Damit sie möglichst lang einen Job im Housekeeping haben kann, gaben wir ihr eine junge Shuar als Lehrling an die Hand. Im  Duett sind die beiden unschlagbar.

Auch in diesem Fach gab es einen Klassenersten mit 20 von 20 Punkten – Agustín, wie schon in der Gastronomie.

 

 

Niemals Liliáceas nach Quenopodiáceas!
Du meine Güte! Da hatte sich der Agraringenieur Miguel Ángel beim Unterricht über die Fruchtfolgen wohl etwas verrannt. Ich sah die verzweifelten Gesichter als der Dozent erklärte, dass zu den Quenopodiáceas zum Beispiel die Rote Bete gehört. Der eine Begriff so fremd wie der andere. Rote Bete wächst im Hochland. Kein Waldindianer hatte vor, Zwiebeln (Liliáceas) nach Roten Beten in dieselbe Erde zu pflanzen.

Am nächsten Tag erklärte Miguel Ángel dann die verschiedenen Düngemittel samt den chemischen Formeln. STOPP!!!

Ich griff mir den sehr netten und vernünftigen Dozenten und gab ihm einen Einblick in Wald und Menschen in Amazonien. Wir beschlossen, nur zu behandeln, was auch in den Tropen wächst, keinen Chemie- und Physikunterricht und alles nur auf Umgangsspanisch. War das schon für einige schwierig genug.

 

 

Anschließend kam ein Kinderspiel. Die Studenten durften im Wald hinter der Akademie 10x10m roden, den Acker mit selbst produziertem Biodünger aufbereiten und einsäen. Das restliche Saatgut verteilte der Dozent, so dass die Achuar und Shuar zuhause in den Gemüseanbau einsteigen können.

Auch beim Test in Landwirtschaft war Agustín der Beste, allerdings nur mit 19,5 von 20 Punkten. Die Theorie hatte ihm da eine Falle gestellt.

 

 

And the Winner is …
Vor dem großen Abschlussexamen über zwei Tage in allen Fächern herrschten Nervosität und fleißiges Repetieren. Die Studenten standen tagelang schon um 5 Uhr morgens auf und gingen gemeinsam noch einmal durch den Stoff.
Die Bewertungen hießen „überragend“, „gut“ und „durchschnittlich“. Noten in Ziffern wird es erst am Ende aller Seminare geben.

Und dann wurde geschrieben, was das Zeug hielt. Bei mangelnden Spanischkenntnissen durften die Studenten fragen. Ich platzte natürlich vor Neugierde und schaute den Dozenten über die Schulter, die die ersten Arbeiten korrigierten.
Unglaublich, die Plätze 1, 2 und 3 von den Achuar-Machos besetzt, aus dem finstersten Wald, Eltern Analphabeten! Allen voraus Agustín – wirklich „überragend“!
Es gab insgesamt vier Überragende, nur zwei Durchschnittliche, und alle anderen Shuar und Achuar waren „gut“, wofür die Universität Cuenca Zertifikate verlieh.

 

 

DANKE, liebe Spender!
Viele von euch spendeten im letzten Jahr, damit dieser erste Teil des Seminars zustande kommen konnte. Bei so tollen Ergebnissen, glaube ich, bereut ihr keinen Cent.

 

AMAZONICA auf

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